Druckauflagen sinken seit Jahrzehnten und auch der Prozess des digitalen Wandels, den Verlage seit Jahren mehr oder weniger anschieben, geriet zeitweise ins Stocken oder kam gar nicht erst in Schwung.

Mit Beginn der Pandemie erhöhte sich jedoch der Digitalisierungsdruck in allen Bereichen und damit auch die Bereitschaft, digital zu denken und zu konsumieren. Während sich einige Trends (z.B. Medienkonsum insgesamt) jedoch schnell wieder normalisierten, behauptet sich die Digitalisierung redaktioneller Inhalte weiterhin stark.

Ist die Pandemie für die Akzeptanz digitalen Contents – auch mit Bezahlschranken – zum dauerhaften Gamechanger geworden?

Laut einer Trendanalyse, die der BDZV in Zusammenarbeit mit Schickler 2021 vorlegte, sehen Verlage Paid Content und digitale Subscriptions-Modelle als die relevanten „Rettungsanker“ für die Kompensation der Verluste im Print-Geschäft und richten ihre Strategien dementsprechend auf Digital First aus.

Christoph Mayer, Partner bei der Unternehmensberatung Schickler, führt aus: „Der digitale Journalismus wird die Verlage in die Zukunft bringen – eine gute Nachricht. Der Großteil der Verlage hat diesen Weg eingeschlagen und verfolgt ihn mit Hochdruck.“ Neben exzellentem Journalismus bedürfe es hierfür Technologie, Algorithmen und Künstliche Intelligenz.

Die Pandemie als Treiber digitaler Prozessoptimierung

Die zunehmende Fokussierung der Verlage auf das digitale Geschäft bedingt eine Neuausrichtung bzw. Optimierung nahezu aller Geschäftsbereiche im Unternehmen. Etwa zwei Drittel der Verlage gab an, durch Änderungen der Arbeitsorganisation während der Corona-Zeit Prozesse effizienter gestaltet zu haben. Das ist u.a. deshalb bedeutsam, weil die Digitalisierung von Redaktion und Vertrieb nur auf Basis einer leistungsfähigen Prozess-Struktur erfolgreich vorangetrieben werden kann. Die Pandemie hat wie es scheint nicht nur Konsumverhalten und Arbeitsabläufe neu digital ausgerichtet, sie hat in vielen Verlagen auch dazu geführt, dass schneller die Grundlagen für digitales Wachstum geschaffen wurden.

Der Verlag wird zum Tech-Unternehmen

„Das Digitalgeschäft steht immer mehr im Fokus der Zeitungsverlage“, sagt BDZV-Geschäftsführerin Katrin Tischer. „Dabei zeigt sich ein Dreiklang aus Paid Content-Inhalten, Technologie als Treiber der Transformation sowie die wachsende Bereitschaft, Allianzen und Kooperationen einzugehen.“

Dass in diesem „Dreiklang“ die eingesetzte Technologie entscheidend ist, wird in der Trendanalyse von 97% der Verlage so eingeschätzt. Sie sehen ihre Technologielandschaft als essenziellen Erfolgsbaustein ihrer Digital First Strategie.

Das drückt sich auch bei den Investitionen aus: Mit 90% plant ein Großteil der Verlage in Zukunft verstärkt in ihre Technologie zu investieren.

Gute Inhalte – personalisiert und auf allen Kanälen

Qualitativ hochwertiger Content ist und bleibt für alle Menschen interessant. Die Nutzergewohnheiten bei redaktionellen Inhalten unterscheiden sich aber je nach Altersgruppe stark. Während ältere Leser nach wie vor Print bevorzugen, stufen sich die gefragten Ausgabekanäle bei den jüngeren Zielgruppen nach E-Paper, Online-Angeboten und Podcast ab. Die Altersstruktur bestimmt den passenden Ausgabekanal.

Hinzu kommt im digitalen Bereich die Erwartung der Leser/Hörer auf sie persönlich zugeschnittene Inhalte angeboten zu bekommen.

Für den Verlag bedeutet dies, dass „Go Digital“ dann erfolgreich umgesetzt werden kann, wenn die eingesetzte Technologie erstens in der Lage ist, Content unabhängig vom Ausgabemedium zu halten und zweitens das Nutzerverhalten der Kunden auszuwerten und entsprechend darauf zu reagieren.

Beides veranlasst Verlage digitales Know-how vermehrt inhouse zu etablieren bzw. längerfristige Kooperationen mit Technologieanbietern einzugehen.

So werden sich auch in Zukunft Chancen wie Wachstum durch digitale Abo-Erlöse, der Aufbau von Geschäftsfeldern abseits des Kerngeschäfts und Wachstum durch digitale Werbeumsätze bieten.

Und das hoffentlich ohne Pandemie.

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